Gesammelte Beobachtungen zum Enterprise-Sales-Zirkus
Willkommen in der schillernden Parallelwelt des Enterprise Software Vertriebs – dort, wo der Kunde König ist, aber meistens nicht weiß, dass er durchs Einkaufszentrum stolziert wie ein Hirsch auf Fernlicht.
Und der Königsmacher? Ein Sales-Mensch mit Zieldruck im Nacken, 87 Seiten PowerPoint und einer Lösung im Gepäck, die für jeden passt – oder eben für niemanden so richtig.
Das Sales-Orakel: „Ich spüre… Bedürfnisse!“
In einer bedarfsorientierten und nutzerzentrierten Welt beginnt Vertrieb mit Zuhören. In wiederholter Beobachtung beginnt er jedoch häufig mit einem Pitchdeck, welches die Lösung verkauft, bevor überhaupt jemand gefragt hat, was eigentlich das Problem des Kunden ist.
Eventuell kennen Sie diese Sales-Rhetorik: „Wir haben da was für Sie – eine ganzheitliche Plattformlösung, skalierbar, modular, KI-ready, und future-proof.“
Und der Kunde? Hat eigentlich nur gefragt, ob sich der Supportprozess digitalisieren lässt. Aber hey, wozu in die Niederungen tatsächlicher Herausforderungen und Anforderungen abtauchen, wenn man Luftschlösser auf KPI-Basis verkaufen kann?
Der Kohleblick: Wenn Provision mehr zählt als Problemlösung
Lassen wir kurz den Vorhang des Idealismus fallen: Vertrieb habe ich selten als altruistisch erlebt. Es geht weniger um „Customer Success“, als um „Quartals Success“.
Sales-Mitarbeiter sind oft Bonus-getriebene Duracell-Hasen auf Crack. Sie rennen, liefern, schließen ab – und wenn der Vertrag unterschrieben ist, sind sie schneller weg als CEO‘s bei einem Shitstorm.
Das Interesse an nachhaltiger Kundenzufriedenheit? Eher ein Kollateralschaden des Zielerreichungssprints. Die eigentliche Frage lautet oft nicht: „Was braucht der Kunde?“, sondern: „Wie kriege ich diese Unterschrift noch diesen Monat rein, ohne dass die Legal-Abteilung mir den Deal zerlegt?“
Lösung first, Bedarf später: Die umgekehrte Logik im Tech-Sales
Wer kennt’s nicht? Da wird eine API-lastige Microservice-Lösung verkauft, weil’s gerade in Mode ist – unabhängig davon, ob der Kunde überhaupt weiß, was eine API ist.
Sales hat halt gelernt, was auf der Roadmap steht. Also wird verkauft, was da ist – und nicht das, was gebraucht wird.
Das ist ein bisschen so, als würde ein Arzt jedem Patienten eine Hüft-OP verschreiben, weil die Klinik gerade ein neues Gelenkmodell promotet. Passt nicht? Ist egal. Wird passend gemacht. Im Zweifel mit Change Requests und Beratertagen.
Nach dem Deal ist vor dem Kopfschütteln
Und wenn dann endlich das Projekt startet, steht da ein Entwicklerteam, das sich fragt, warum zur Hölle jemand ein Spaceshuttle verkauft hat, obwohl der Kunde nur ein Fahrradständer digitalisieren wollte.
Der Product Owner ruft beim Kunden an: „Wofür benötigen Sie denn dieses Feature-Set?“
Der Kunde: „Das hat uns der Sales geraten.“
Und Sales selbst? Der ist schon beim nächsten Kunden, verkauft gerade wieder einen SpaceX-Clone an jemanden, der eigentlich nur E-Mails sortieren will.
Fazit: Sales muss raus aus dem Rausch
Was wir eventuell brauchen, ist eine grundlegende Veränderung im Sales Ansatz. Weniger „Pitch“, mehr „Understand“. Weniger „Closing“, mehr „Co-Creation“.
Statt Sales als Rattenfänger-Abteilung zu designen, die Deals durchpeitscht muss, sollten wir zuhören, gemeinsame Ideen entwickeln und diese iterativ weiterentwickeln.
Klingt utopisch? Nö!
Für mich klingt es nach machbarer Transformation statt Resignation gegenüber einem ineffizienten Sales-Theater: PowerPoint-Populismus mit anschließender Projektrettung durch die Delivery-Kavallerie. Muss nicht sein!
Wir können das Sondervermögen ineffizient verballern oder nutzerzentriert Digitalisieren ;-).
Mic drop. Curtain. Danke fürs Lesen.
Uwe
Bild: Midyourney / Text: in Co-Creation with ChatGPT
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